Projektinfos
Offener Projektwettbewerb 2008
Veranstalter: Hochbauamt der Stadt St. Gallen
Landschaftsarchitekt: Tobias Pauli, St. Gallen
Basierend auf der unvoreingenommenen, detaillierten Analyse der reizvollen Gesamtanlage im Allgemeinen und der „Kastanienallee“ im Besonderen reifte der Entwurfsgedanke, die Anlage entsprechend der neuen, erweiterten Nutzung zu modifizieren und weiterzuentwickeln sowie die spürbaren ursprünglichen Ansätze mit einzubeziehen. Daraus resultiert eine ostsbaulich unumgängliche Lösung, die Modifikationen bei den freiraumplanerischen Rahmenbedingungen hervorrufen, jedoch im Programm als möglich erachtet werden.
Es findet eine Klärung statt und es werden weitere, vielfältig nutzbare Freiräume zugunsten der Schüler und der Quartierbewohner geschaffen.
Die Platzierung des neuen Baukörpers am westlichen Ende schafft die Vorraussetzung für den Erhalt, respektive die Weiterentwicklung der terrassierten Anlage. Das neue Gebäude liest sich als eigenständige Ergänzung des Vorhandenen.
Das direkte Umfeld des bestehenden Schulhauses bleibt weitgehendst erhalten. Durch das Entfernen von Sträuchern und die Pflege der Böschungen als artenreiche Wiese kann die Wirkung der Terrassierung und des Schulhauses gegen aussen wieder verstärkt wahrgenommen werden, entsprechend der Idee von Eugen Schlatter.
Der Baumkörper aus Rosskastanien geleitet die Ankommenden zum stattlichen Schulhaus und vermittelt zwischen Schule und Sporthalle. Die an Stelle des Rasens angelegte grosszügige Kiesfläche unter den Bäumen bewahrt die heutige Atmosphäre und ermöglicht weitere Aufenthalts- und Nutzungsqualitäten für die Schule und das Quartier.
Sporthalle
Die neue Sporthalle schliesst sich über einen Vorplatz der Kastanienreihe an. Das Volumen besteht aus einem Massivteil und dem darüber schwebenden Dach. Der Massivteil übernimmt die Höhenlage der „Parkterrasse“ und wird so zu einem Teil davon. Durch die Textur der rohen Bretterschalung bekommt die Oberfläche eine Tiefe, es entsteht eine ferne Verwandtschaft zum Schulhaus und zu den Umgebungsmauern.
Hangseitig definiert die umlaufende Glasfassade der Halle einen transparenten Filter und ermöglicht so weiterhin Durchblick und Ausblick. Die Halle wird zum transparenten Glaspavillon am Park und verleiht der Sporthalle eine gewisse Leichtigkeit und Eleganz.
Während des Tages spiegelt sich die Umgebung in den Verglasungen, in der Nacht wird es zum Leuchtkörper.
Über einen grosszügigen, gedeckten Vorbereich, welcher auch als Pausenbereich für die Schule genutzt werden kann, erreicht man das offene Foyer. Sportler und Besucher geniessen von hier einerseits die ungestörte Aussicht über die Stadt und zur Parkterrasse, andrerseits den unmittelbaren Kontakt auf das Geschehen in der Halle. Der Plattenbelag des Vorplatzes setzt sich im Foyer fort.
Die zugehörigen Nebenräume verteilen sich auf die zwei unteren Geschosse. Die Garderoben sind über einen hallenseitig offenen Korridor erschlossen, welcher auch als Zuschauergalerie benutzt werden kann. Eine Glasbausteinwand lässt Tageslicht in die Garderoben und erzeugt beidseitig eine angenehme Atmosphäre.
Für den Sportler in der Halle zeigen sich die Verglasungen als umlaufende Oberlichter, welche die Halle optimal belichten und das Dach von den Wänden löst. Die aussen liegende, textile Verschattung filtert das Licht, gewährleistet eine blendfreie Nutzung der Halle und schützt vor Überhitzung.
Hallenboden, Hallenwände und Hallendecke sind mit Kastanienholz verkleidet – ähnlich einer Schatullenauskleidung.
Der kompakte Baukörper und die einfache Gebäudestruktur erlauben eine kostengünstige Bauweise. Als Materialien dienen Beton, Glas und Holz.
Schulhaus
Die verlangten räumlichen Anpassungen werden auf sanfte Weise und ohne Erweiterungsbauten vorgenommen. Angestrebt wird ein maximales Erhalten der Raumstrukturen und Raumverteilungen, ein Bewahren der Eigenheiten dieses Schulhauses mit differenzierten Nutzungs- und Funktionszuordnungen sowie ein Respektieren der originalen, handwerklichen erzeugten Ausstattungsteile. Ein später genauer auszuschaffendes Material- und Farbkonzept bezieht sich auf diese Grundsätze:
-Verkleidung der Decken in Schulzimmer und Korridoren mit fein verputzen Akustikdecken, mit Integration zusätzlich notwendiger Installationen.
-Neue Linoleumbeläge oder Massivholzböden in den Schulzimmern und den neuen Räumen.
-Erhalten und Ergänzen der Plattenbeläge in den Korridorbereichen, sofern möglich
-Farbige Akzentuierung mit Fliesenbeläge in den Nasszellen.
Die alte Turnhalle wird zum Mehrzweckraum, zum Zentrum, unverändert in seiner heutigen Form und Atmosphäre. Ein einfacher, gerader Treppenlift gewährleistet dessen behindertengerechte Erschliessung.
Die Gruppenräume werden der Schulzimmer-Vorzone angegliedert und nur mittels raumhoher Glas-Schiebewände getrennt. Dadurch wird diese Zone optisch vergrössert und gut einsehbar.
Die Unterkellerung der Turnhalle ermöglicht eine sinnvolle Platzierung von lastintensiven Lager- und Hauswarträumen sowie den hindernisfreien Zugang über eine Rampe zum diskret platzierten Lift.
Dieser erschliesst sämtliche Geschosse ausser dem Dachgeschoss (3.OG), welches via Treppenlift mit dem 2.OG behindertengerecht verbunden ist.
In diesem Geschoss befinden sich vorwiegend die Räume für das erweiterte Angebot, bei welchen sich die spezielle, räumliche Atmosphäre der teilweise miteinbezogenen Holzkonstruktionen ideal integrieren lassen. Es soll eine familiäre Wohnatmosphäre entstehen.
Freiraumgestaltung/ Hypothese historischer Bestand
Die genaue Lage der Bäume südwestlich des Schulhauses, ihre Lage zueinander, die Baumart Rosskastanie und der Vergleich mit Gartenanlagen, die zeitgleich um 1900 herum im Architekturgartenstil entstanden sind, bestärken die Vermutung, dass es sich bei den geschützten Bäumen um Relikte eines 2-reihigen, ehemals geschnittenen Baumdaches handelt. Die zwei Bäume südwestlich des Sandkastens und der aus der heutigen Reihe tanzende Baum unmittelbar neben dem Schulhaus geben deutliche Hinweise auf die ehemaligen, sehr engen Pflanzabstände in und zwischen den Reihen.
Die Einfriedung mit einer geschnittenen Hecke aus Hainbuchen und die streng geometrische, räumliche und topografische Gestaltung geben weitere Hinweise auf den Architekturgartenstil.
Der Sandkasten und der lang gezogene Sitzbank stammen aus einer späteren Zeitepoche. Es darf angenommen werden, dass der damalige Stadtgärtner Paul Zülli die Anlage Mitte des letzten Jahrhunderts ergänzt hat.