Projektinfos
Offener Projektwettbewerb 2003, 4. Rang
Veranstalter: Kanton St. Gallen
Der Campus wächst. Das neue Seminargebäude, den inneren Strukturgesetzen der Gesamtanlage folgend, wird ein integrativer Baustein des baulichen Hochschulensembles. Die gewählte Platzierung und Dimensionierung des neuen Gebäudes zollt den “Etablierten“, den ihnen gebührenden Respekt. Fast wie selbstverständlich erscheint der neue Baustein auf dem schachbrettartigen Bebauungsschema der Hochschule. Gestützt wird diese “Selbstverständlichkeit“ durch die räumliche Neudefinition des Aussenraumes, indem die vorhandene Systematik von gebauten Freiräumen, innerhalb der historischen Parklandschaft, eine konsequente Fortsetzung erfährt.
Das neue Ensemblemitglied präsentiert sich, innerhalb der “Etablierten“ mit einer Offenheit, die grosszügige Ein- und Ausblicke zulässt (transparente Fassade), ohne dabei die universitäre Notwendigkeit des „in sich kehren“ (geschlossener Kern) zu vernachlässigen.
Das neue Seminargebäude steht auf einem schon bestehenden, künstlich angelegten Plateau (heutiger Parkplatz). Im Süden wird die Fläche durch das Institutsgebäude begrenzt. Nach Westen öffnet sich die Fläche in eine offene Parklandschaft, mit wertvollen Kunstgegenständen. An der östlichen Seite des Plateaus finden wir derzeit einen eher diffusen “Abschluss“ (im Kontext der Gesamtanlage) vor. Der Übergang von der Parkanlage zu den neuen gebauten Platzbereichen des Seminargebäudes wird deshalb bewusst durch eine klare bauliche Zäsur definiert. In Anlehnung an die vorhandene Systematik der orthogonalen Betonmauern und –brüstungen wird im Sinne einer „Ergänzung“ eine neue Mauerscheibe gesetzt. Die Linienführung ist so gewählt, dass möglichst viele Bäume erhalten werden können. Die so neu formulierte Platzebene wird über eine neue grosszügige Treppenanlage von der Curtisstrasse aus erreicht. Platzebene und Treppenanlage bilden den neuen, ostseitigen Auftakt zum Campus. Von hier aus führen die Wege über die bestehende Treppenanlage zum Hauptgebäude der Universität oder zur neuen Bibliothek
Für das Seminargebäude selbst wird die dem Hauptbau typische zentrale Erschliessung in ihr Gegenteil invertiert. So werden die im Kern des Gebäudes liegenden Seminarräume peripher erschlossen. Die Vorzüge der Situation, d.h. der unmittelbare Bezug zum Park mit seinem alten Baumbestand kann direkt erfahren werden. Umgekehrt wird für den Betrachter von aussen das Leben in den Erschliessungsbereichen gleichfalls zum Objektgegenstand.
Die innere Disposition des Seminargebäudes, mit den Seminarräumen im Kern sowie deren äussere Erschliessung, verstärkt sich über die folgende Energiebetrachtung: Die Erschliessung als äussere Hülle hilft im Winter eine Pufferzone zu bilden. Sie ist für eine passive Nutzung der Sonnenenergie verantwortlich. Im Sommer kann diese äussere Zone zur Beschattung des inneren gedämmten Kerns mit den Seminarräumen dienen. Die effektive Hüllfläche dieses Gebäudes könnte auf ein absolutes Minimum reduziert werden. Die Ausnahme würde das Erdgeschoss (mehrere isolierte Kammern), sowie das 5.Obergeschoss (Administration) bilden.
Der Standort der Hochschule St.Gallen wird bis heute von einem Landschaftspark geprägt, der weit vor dem Bau der Hochschule angelegt wurde. Aufgrund der geschickten Platzierung der Gebäude in der ersten (1963) und zweiten Bauphase (1989) konnte der Park in weiten Teilen nicht nur als Hülle erhalten werden, sondern in die Anlage selbst integriert werden. Diesem Prinzip folgend wurde mit dem vorliegenden Projekt versucht, die vorhandenen ostseitigen Parkgehölze weitestgehend zu erhalten resp. durch neue Bäume zu ergänzen.
Der starke Einbezug der Parkanlage und ihrer Gehölze ins Erweiterungskonzept wird bereits deutlich, wenn man auf die neue Treppenanlage an der Curtisstrasse zusteuert. Begleitet von dem Blick auf die mächtige Blutbuche beginnt der Aufstieg zur Hochschule.
Über den ostseitigen Treppenzugang gelangt man auf die neue Platzfläche, die neben ihrer verteilenden Funktion, auch attraktive Aufenthaltsmöglichkeiten bietet. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit den Platz als Kunstmedium zu nutzen, ganz im Sinne der Bedeutung der Hochschule als international bedeutender Kunststandort. Um den Platz in seiner Bedeutung zu erhöhen, wird die westseitige vorhandene Treppe vergrössert. Die damit verbundene Beseitigung der Kleingehölze führt dazu, dass der mächtige Mammutbaum optisch „am Platz“ steht.
Die vorhandene Treppenanlage, die vom neuen Platz zum Bibliotheksgebäude führt, wird bewusst in seiner heutigen gestalterischen Ausprägung belassen. Die geschwungenen Linien, verbunden mit dem vorhandenen Grünbestand stellen einen angenehmen Kontrast gegenüber dem ansonsten orthogonalen System dar. Lediglich die Ergänzung der Treppenanlage um eine Sitzgelegenheit sowie eine optische Verzahnung mit dem neuen Platz erscheint sinnvoll.
Unter dem neuen Platze resp. dem neuen Seminargebäude wird eine Tiefgarage angeordnet. Hier sind sowohl die Autos, als auch, in einem separaten Raum, die Velos untergebracht. Die Zufahrt ist so platziert, dass aufgrund der vorhandenen Topographie der Einschnitt im Gelände relativ klein gehalten werden kann.